§175
Der §175 des Reichsstrafgesetzbuches stellte sexuelle Handlungen zwischen Männer unter Strafe. Er wurde 1872 erlassen und von den Nationalsozialisten 1935 verschärft. Fortan griff der Paragraph nicht mehr erst ab dem Beischlaf zwischen zwei Männern, sondern es reichten schon Annäherungsversuche, Streicheln oder Blicke aus, um nach dem Paragraphen belangt zu werden. Zudem stieg das Strafmaß deutlich an. Die Höchststrafe wurde von sechs Monaten auf fünf Jahren angehoben. Auf die Verschärfung des Paragraphen folgte eine Intensivierung der Verfolgung homosexueller Männer organisiert durch die neu eingerichtete „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung“. Nach heutigen Schätzungen wurden im gesamten Deutschen Reich über 50 000 Männer während der NS-Zeit nach Paragraph 175 verurteilt und inhaftiert. Circa 15 000 kamen in ein Konzentrationslager, in denen viele von ihnen „umerzogen“ werden sollten, Misshandlungen erfuhren oder ermordet wurden. Weibliche Homosexualität stand nicht unter Strafe, aber auch homosexuelle Frauen wurden verfolgt und im Alltag oftmals mit sozialer Ächtung bestraft.
„Homosexualität" gehörte im Nationalsozialismus zur Kategorie der „Straftaten gegen die Sittlichkeit“, da „homosexuelle" Männer nach der nationalsozialistischen Volksgemeinschafts-Ideologie auf Grund ihrer potentiellen Kinderlosigkeit angeblich keinen Beitrag zur Reproduktion des „gesunden Volkskörpers“ leisteten.
Der §175 blieb nach 1945 sowohl in der BRD als auch in der ehemaligen DDR noch lange in Kraft. Weiterhin wurden unzählige Männer wegen ihrer „Homosexualität" belangt. Erst nach und nach wurde der Paragraf gelockert und schließlich im Jahr 1994 endgültig aufgehoben.