„Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN)

Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ wurde am 14. Juli 1933 erlassen und trat am 1. Januar 1934 in Kraft. Es sah die (Zwangs-)Sterilisierung von Menschen mit (vermeintlichen) Erbkrankheiten sowie (vermeintlich) alkoholkranken Menschen vor. Zu den im Gesetz festgehaltenen Erbkrankheiten gehörten beispielsweise „angeborener Schwachsinn“, „Schizophrenie3, „erbliche Blind- oder Taubheit“ oder auch starke „körperliche Missbildungen“. Ausgangspunkt für das Gesetz war die nationalsozialistische Ideologie der „Rassenhygiene4, die auf die „Reinhaltung des arischen Erbgutes“ abzielte.

Ein*e beamtete*r Arzt*Ärztin konnte den Antrag auf Unfruchtbarmachung einer Person beim Erbgesundheitsgericht stellen. Für die Verhandlungen wurden Informationen über die betroffenen Personen in ihrem privaten Umfeld eingeholt und ein „Gutachten“ angefertigt, das im Gerichtsprozess als Beschlussgrundlage diente. Für die Stadt Neustadt war das Erbgesundheitsgericht Frankenthal zuständig. Wurde ein Beschluss zur Unfruchtbarmachung einer Person gefällt, so war es nahezu unmöglich, die Umsetzung des Beschlusses noch aufzuhalten. Das Gesetz sah vor, dass der Eingriff auch gegen den „Willen“ der betroffenen Person, „notfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwanges ausgeführt werden“ konnte.

Schätzungen zufolge wurden zwischen 1933 und 1945 circa 300 000-360 000 Menschen im Deutschen Reich (in seinen Grenzen von 1937) (zwangs-)sterilisiert. Nicht wenige Betroffene starben an den Folgen der Eingriffe. In der Pfalz wurden in den Jahren 1934 und 1935 alleine 3 047 Menschen zwangssterilisiert5, darunter auch viele Neustadter*innen.

Text: Clara-Louise Noffke