„Schutzhaft"

Archiv der sozialen Demokratie (AdsD), FB036888.
Eine 1933 entstandene Aufnahme zeigt die Verbringung von „Schutzhäftlingen" aus Kaiserslautern nach Neustadt

„Rechtsgrundlage" der „Schutzhaft" war die von Hindenburg erlassene „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ (sog. „Reichstagsbrandverordnung“) vom 28. Februar 1933. Durch diese […] wurde die Entziehung der persönlichen Freiheit außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen (z. B. der U-Haft, Strafhaft und Polizeihaft) […] möglich. Bereits seit dem Ersten Weltkrieg wurde diese Haft, die aufgrund des Ausnahmezustandes bzw. Belagerungszustandes erfolgen konnte, beschönigend „Schutzhaft" genannt. [Die Betroffenen waren damit rechtlos, die Verhaftung konnte hierbei ohne richterliche Anordnung erfolgen]. Auch wenn der Begriff von Beginn an unpräzise war, galt mehrheitlich als Schutzobjekt vor allem „das Reich“, im NS-Regime dann der „nationalsozialistische Staat“ und die „Volksgemeinschaft“. […] Insgesamt wurden im Amtsgerichtsbezirk Neustadt bis April 1934 über 160 Männer und Frauen in „Schutzhaft" genommen. Die Dauer der Haft erstreckte sich von wenigen Stunden bis hin zu mehreren Monaten. Die überwiegende Mehrheit wurde im Amtsgerichtsgefängnis Neustadt inhaftiert.

Zum Vollzug der „Schutzhaft" entstanden reichsweit insgesamt circa 100 (frühe) Konzentrationslager. Eines davon war das (frühe) Konzentrationslager Neustadt […] Neben Neustadter „Schutzhäftlingen“ erfolgte in diesem Zeitraum auch die Verbringung von „Schutzhaftgefangenen“ aus den Bezirksämtern Kaiserslautern, Rockenhausen, Kusel, Pirmasens und Bergzabern über den Polizeischub, d.h. begleitet und organisiert durch Polizei oder Gendarmerie, nach Neustadt. Auch Einzelpersonen aus Mutterstadt, Landau, Edenkoben, Grünstadt und Rülzheim wurden ins Lager verschleppt.

aus: Miriam Breß, Das (frühe) Konzentrationslager Neustadt. Erziehung zur Volksgemeinschaft sowie: Die frühen Verfolgungen. „Schutzhaft" als Mittel zur Herstellung der Volksgemeinschaft, in: Markus Raasch (Hrsg.), Volksgemeinschaft in der Gauhauptstadt. Neustadt an der Weinstraße und der Nationalsozialismus. Münster 2020 (Kürzungen und Ergänzungen von Katharina Kaiser).