Die Gründung der „Deutschen Weinstraße“ 1935
Bis heute lockt die „Deutsche Weinstraße“ als touristisches Konzept jährlich tausende Besucher*innen in die Pfalz. Sie ist ein Kind der NS-Zeit. Spitzenernten in den Jahren 1934/35 führten den pfälzischen Weinbau in eine Absatzkrise. Während reichsweit das „Fest der deutschen Traube und des deutschen Weines” den Weinkonsum ankurbeln sollte, verkündete Josef Bürckel im Oktober 1935 die Eröffnung der „Deutschen Weinstraße“. Die Strecke führte von Schweigen-Rechtenbach an der französischen Grenze bis nach Grünstadt. Neustadt sollte als größte und bedeutendste Stadt und als Sitz der Gauleitung den Mittelpunkt der Weinstraße bilden. Dieser „Geniestreich der Propaganda“, der lange vor 1933 bestehende Pläne im nationalsozialistischen Sinne veränderte und praktisch umsetzte, führt vor Augen, was Volksgemeinschaft vor Ort bedeutete: Auf der einen Seite profitierten „arische“ Betriebe und Geschäfte von der Ausschaltung und Enteignung jüdischer Weinunternehmer*innen, die im Neustadter Raum ein weitreichendes Handelsnetzwerk besaßen. Auf der anderen Seite traf das NS-Regime nach den Jahren der französischen Besatzung und der Weltwirtschaftskrise einen Nerv: Endlich gab es etwas, das die Pfalz wieder aufwertete, das sie besonders machte, das ein neues Selbstbewusstsein begründen konnte.
Weiterführende Informationen zum Weinhandel in der NS-Zeit liefern die Lexikonartikel Weinhändler Böhm, Weinhändler Hoch, Weinhändler Rosenstiel.