Neben den drei Grundschulen der Ludwigschule, der Ostschule und der Schöntalschule (ursprünglich Wolfsburgschule) existierten 1933 in der Stadt Neustadt eine berufsbegleitende Schule und drei weiterführende Schulen: Die Oberrealschule Neustadt an der Haardt, das Mädchen-Lyzeum und das Humanistische Gymnasium. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler lag dort, ein Jahr bevor die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, bei allen drei Schulen zwischen 250 und 350, ging bis 1933 aber stetig zurück. Das Einzugsgebiet der Schulen reichte über die Kernstadt hinaus, ca. die Hälfte der Schüler stammte aus dem Umland. Nur eine kleine Minderheit von jeweils fünf bis acht jüdischen Schülern und Schülerinnen besuchte zu diesem Zeitpunkt noch diese Schulen. Ab 1933 wurden sie zunehmend ausgegrenzt und vertrieben. 1936/37 gab es nur noch einen jüdischen Schüler an der Oberrealschule, vier jüdische Schülerinnen am Mädchen-Lyzeum, im Falle des Humanistischen Gymnasiums verließ 1937/38 der letzte jüdische Schüler die Einrichtung. Durch die groß inszenierten propagandistischen Festlichkeiten bspw. anlässlich der Feier zur Machtübernahme am 30. Januar oder zum Tag der Arbeit am 1. Mai wurden die Schulen schon 1933 in das NS-Regime integriert. Hierzu trugen auch die ideologisch aufgeladenen Lerninhalte u. a. im Fach Deutsch bei. 1936 hatten schließlich in der Oberrealschule mit Heinrich Leiling, im Mädchen-Lyzeum mit Wilhelm Keppner und im Humanistischen Gymnasium mit Friedrich Unkelbach Rektoren die Leitung übernommen, die vielfach in die NS-Parteiorganisationen eingebunden waren und den „Vorrang der Politik vor der Pädagogik“ endgültig durchsetzten.
Quellen
Stadtarchiv Neustadt (StANW), Jahresberichte des humanistischen Gymnasiums a. d. H.1931/32, 1933/3, 1937/38.
StANW Jahresberichte des Städtischen Mädchen-Lyzeums a. d. H.1931/32, 1933/34, 1936/37.
StANW Jahresberichte der Oberealschule Neustadt a. d. H. 1931/32,1933/34,1936/37, 1968/69.
StANW Schulbericht über die Jahre 1940 bis 1956 aus Anlaß der Beendigung des 120. Schuljahres der Anstalt.
Literatur
Andreas Kraas, „Den deutschen Menschen in seinen inneren Lebensbezirken ergreifen“. Das Lager als Erziehungsform, in: Klaus-Peter Horn/Jörg-W. Link (Hrsg.), Erziehungsverhältnisse im Nationalsozialismus. Totaler Anspruch und Erziehungswirklichkeit. Kempten 2011, 295–318. Das Werk nimmt den Nationalsozialismus als Gegenstand bildungshistorischer Forschung in den Blick. Der Aufsatz selbst rückt u. a. die Kultur der nationalsozialistischen Schulungslager für Lehrer ins Zentrum.
Otto Müller, Geschichte des Humanistischen Gymnasiums Neustadt an der Weinstraße in der Zeit vom 1. September 1930 bis 29. Februar 1952. Neustadt a. d. W. o. J. Die Schulgeschichte wurde vom ehemaligen Oberstudienrat Otto Müller verfasst. Die nationalsozialistische Zeit und die Verstrickung einzelner Lehrkräfte und Schulleiter in das nationalsozialistische Regime ist hierbei von untergeordneter Bedeutung.