Hans Schreiber, geboren am 16. Februar 1905 in Mußbach, war Schriftsetzer und später Maschinensetzer, u. a. ab 1921 bei der Pfälzischen Verlagsanstalt, seit 1935 zeitweise beim Meininger Verlag und nach 1956 beim „Pfälzer Tageblatt“. Er arbeitete zudem als Schriftsteller und schrieb seit 1948 für die KPD-Presse. Er war aktiver Naturfreund und seit 1926 Mitglied der SPD, bei der er 1930 zum stellvertretenden Ortsvorsitzenden aufstieg. Im Oktober 1931 wechselte er mit Ludwig Manderschied zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP). Im November 1931 wurde er zum Bezirksleiter der SAP in der Pfalz gewählt. Als sich Ende 1932 die SAP im Auflösungsprozess befand, trat Schreiber der KPD bei. Vom 10. März bis zum 4. April 1933 war er zunächst im Amtsgerichtsgefängnis und ab dem 15. März im frühen Konzentrationslager Neustadt in „Schutzhaft“. Danach musste er sich täglich bei der Polizei melden. Es folgten Hausdurchsuchungen und Verhöre. Schreiber kann genauso wie das Ehepaar Käthe und Ludwig Brunner, Fritz Ciriaci, Johannes Niklas, Emilie Karl, Hans Reichert und Willi Wessel einer örtlichen Widerstandsgruppe der KPD zugerechnet werden. Hans Schreiber schrieb Artikel und tippte diese auf Wachsmatrizen für das Druckgerät. Damit die Schrifttypen keiner der Gestapo bekannten Schreibmaschine bzw. dem dahinterstehenden Besitzer zugeordnet werden konnten, „organisierte“ ein Mitglied der Gruppe eine Schreibmaschine. Versteckt wurde das Gerät bei dessen Eltern auf der Haardt. Als der nationalsozialistische Verfolgungsapparat der Gruppe immer näherkam, stellte sie 1935 ihre Arbeit ein. Die „verbotenen Bücher“ aus seiner umfangreichen Bibliothek hatte er bereits 1933 in einer Kiste im Hühnerstall seiner Eltern auf der Haardt vergraben. In der Hauptstraße betrieb die Frau von Hans Schreiber ein Tabakwarengeschäft. Dies reichte jedoch nicht für den Unterhalt der Familie. Da Hans Schreiber viele Jahre aus politischen Gründen keine Arbeit mehr als Schriftsetzer fand, schrieb er für den „Pfälzischen Kurier“ Film- und Theaterkritiken, um so die Einkünfte der Familie zu verbessern. Unter dem Pseudonym Jan Holt erschienen von ihm außerdem elf Kriminalromane, z. B. 1935 „Das grüne Gesicht“. Im Jahr 1939 wurde er zur Wehrmacht einberufen. Nach mehrjähriger Kriegsgefangenschaft saß Hans Schreiber von 1948 bis 1956 für die KPD im Stadtrat. Bei den Naturfreunden begleitete er verschiedene Funktionen, zuletzt als Bezirksleiter für die Vorderpfalz. Angebote zu einem Wiedereintritt in die SPD lehnte er ab und schloss sich stattdessen 1968 der neu gegründeten DKP an. Hans Schreiber starb am 1. März 1977 in Neustadt.
Quellen
Zeitungsbericht des Stadt- und Dorfanzeigers zum Richtfest des Naturfreundehauses am 1. August 1926.
Interne Dokumente der Naturfreunde Neustadt.
Gefangenenbuch B Amtsgerichtsgefängnis Neustadt, Landesarchiv Speyer J89 1.
Literatur
Klaus J. Becker, Die KPD in Rheinland-Pfalz. Mainz 2001. Standardwerk zur rheinland-pfälzischen KPD, das auf breiter Quellengrundlage argumentiert, im Detail aber Ungenauigkeiten enthält.
Hans Denig, Die Blaue Blume oder zwischen Rot und Grün. 100 Jahre Touristenverein „Die Naturfreunde“, 85 Jahre Naturfreunde Rheinland-Pfalz. Ludwigshafen a. Rh. 1995. Nicht durchgehend akribisch recherchierte Festschrift.
Gerhard Wunder, Die Sozialdemokratie in Neustadt an der Weinstraße seit 1832. Neustadt a. d. W. 1985. Chronologisch und ereignisbezogen angelegte Monografie, die in instruktiver Weise auch die NS-Zeit behandelt, freilich teilweise als veraltet angesehen werden muss.