Ausblick: Das Erbe der Volksgemeinschaft - eine Belastung für die Zeit nach 1945?
Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 7./8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa, das „Dritte Reich“ existierte nicht mehr. Aber was blieb vom Nationalsozialismus? Welche Prägungen hat er hinterlassen? Und wie verändert sich sein „Erbe“ im Laufe der Jahrzehnte?
Der Umgang mit Vergangenheit ist ja immer von der Gegenwart geprägt. Erinnerung ist nichts Statisches, sondern wandelt sich mit der Zeit und den Perspektiven. Im Jahr 2020 regen wir uns über Nazi-Vergleiche auf und wir lachen im Kino mit einem Känguru, das den „Nazis auf die Nase hauen“ will. Am 9. November gibt es an vielen Orten Gedenkveranstaltungen an die Reichspogromnacht von 1938 und der 27. Januar, der Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, ist sogar ein international gesetzlich verankerter Tag des Gedenkens.
Was würde ein Neustadter des Jahres 1950, eine Neustadterin des Jahres 1975 dazu sagen? Solche Fragen sind nicht unwichtig, wenn man verstehen will, wie unsere Gesellschaft zu dem wurde, was sie heute ist, und welchen Weg sie vielleicht in der Zukunft einschlagen könnte. Im Folgenden soll daher der Umgang mit der NS-Vergangenheit im Blickpunkt stehen. Der Fall Neustadt erscheint dabei besonders interessant: Immerhin erhielt die ehemalige Gauhauptstadt erst durch den Nationalsozialismus ihren Beinamen „an der Weinstraße“ und in etlicher Hinsicht erlangte sie erst durch ihn ihre heutige kulturelle Bedeutung. Wie also hat sich die lokale Erinnerung an die NS-Zeit von 1945 bis heute verändert? Und wie lassen sich diese Veränderungen erklären?
Auswahl weiterführender Literatur und Weblinks
Hier findest du eine Auswahl weiterführender Literatur und Weblinks der im Ausblick betrachteten Themenfelder.
M1: Die Historikerin Gabriele Stüber zitiert in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2020 eine Rede des Neustadter Landrates Hans Haberer vom 31. Dezember 1945
M2: 1947 errichtetes „Sühnekreuz“ über Hambach
M3: Die Stadtratsprotokolle aus den Jahren 1945 und 1947 berichten über Umbenennungen der unmittelbaren Nachkriegszeit
M4: Beschluss des Neustadter Stadtrates vom 30. August 1945
Info-Box: „Entnazifizierung“
Hier erfährst du, was unter „Entnazifizierung“ zu verstehen und wie sie in Neustadt verlaufen ist.
Info-Box: „Zusammenbruchgesellschaft"
Hier erfährst du, was unter dem Begriff „Zusammenbruchgesellschaft" zu verstehen ist und wie diese den Umgang mit der NS-Zeit beeinflusste.
M5: Steckbriefe Neustadter NSDAP-Funktionäre
M6: Die 2020 im Rahmen einer Ausstellung erstellten Biografien von Max Siegelwachs sowie Hans und Hermann Keil Jr.
M7: Der Zeitzeuge Günter Haas (pseudonymisiert2) berichtet im Jahr 2018 über seine Prägungen durch die NS-Zeit und die „seltsame“ Begegnung mit einem Juden nach 1945
Aufgaben
M8: Zeitungsschlagzeilen der 1940er Jahre
M9: Der Neustadter Historiker Paul Habermehl schreibt im Jahr 1977 über die Errichtung des „Sühnekreuzes“ im Jahre 1947
M10: Inhaltverzeichnis der Neustadter Stadtgeschichte von 1975
M11: Eine Festschrift zum Ortsjubiläum von Lachen-Speyerdorf schreibt im Jahr 1975 über die NS-Zeit
M12: 1963 auf dem Neustadter Hauptfriedhof errichtetes Kriegerdenkmal und Gräberfeld
M13: Gedenkplakette im Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium Neustadt, vermutlich mit dem Bau der Schule in den 1960er Jahren gehängt
M14: 1981 errichteter Gedenkstein für die Opfer des Luftangriffes auf Winzingen im März 1945
M15: Der Historiker Markus Raasch schreibt in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2020 über die Neustadter Erinnerungskultur bis in die 1980er Jahre
M16: Die Historikerin Gabriele Stüber schreibt in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2020 über Neustadt im Jahr 1950
Aufgaben
Erläutere ausgehend von M12-M14 aus der Perspektive einer Stadtführerin im Jahr 1981 wichtige Erinnerungsorte an die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg, die du in eine von dir entwickelte Stadtführung durch Neustadt aufnehmen würdest.
Info-Box: Hermann W. Morweiser (*1932)
Hier bekommst Du einen Einblick in die Biografie von Hermann W. Morweiser
Info-Box: Karl Fücks (*1944)
Hier bekommst du einen Einblick in die Biografie von Karl Fücks
M17: Auschnitt aus einem Gespräch, das Karl Fücks 1984 mit dem ehemaligen kommunistischen Widerständler Willi Wessel führte
Info-Box: Gerhard Wunder (*1935)
Hier bekommst Du einen Einblick in die Biografie von Gerhard Wunder
M18: Veröffentlichungen zwischen 1978 und 1988, die sich ganz oder teilweise mit der Neustadter NS-Geschichte beschäftigen
M19: Dokumente zur Vorgeschichte der Ausstellung „Vor 50 Jahren – Neustadt unter dem Nationalsozialismus“
M20: Der zuständige Stadtarchivar äußert sich zum Eröffungszeitpunkt der Ausstellung „Vor 50 Jahren – Neustadt unter dem Nationalsozialismus“
M21: Eberhard Dittus, der Leiter der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt, schreibt in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2020 zu den Hintergründen der Ausstellung „Vor 50 Jahren – Neustadt unter dem Nationalsozialismus“
Info-Box: Ausstellung „Vor 50 Jahren – Neustadt unter dem Nationalsozialismus“
Hier erfährst du Näheres zur Ausstellung „Vor 50 Jahren – Neustadt unter dem Nationalsozialismus“
M22: In der Ausstellung „Vor 50 Jahren – Neustadt unter dem Nationalsozialismus“ gezeigte Materialien
M23: Eberhard Dittus, der Leiter der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt, schreibt in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2020 zur Bedeutung der Ausstellung „Vor 50 Jahren – Neustadt unter dem Nationalsozialismus“
Aufgaben
Wie erinnert sich Neustadt heute an den Nationalsozialismus und die während dieser Zeit verfolgten Menschen? Seit den 1990er Jahren sind zahlreiche Denkmäler errichtet worden. Einige „Orte der Erinnerung“ wurden durch entsprechende Gedenktafeln kenntlich gemacht. Vielleicht kennst du einige von ihnen aus dem Alltag oder hast sie in diesem Schulgeschichtsbuch in einem anderen Unterkapitel entdeckt. Das Gedenken der Menschen, die im NS-Regime verfolgt wurden, ist mittlerweile Teil der kollektiven Identität Neustadts geworden. Nichtsdestotrotz führt das „Erbe der Volksgemeinschaft“ auch heute noch zu vielen Diskussionen um den Umgang mit ebendiesem. Kann die Stadt Neustadt und ihre Bürger*innen heute als „Erinnerungsweltmeister*in“ bezeichnet werden? Und welche Bedeutung hat die Erinnerung an die NS-Zeit noch heute? Das Material aus diesem Abschnitt soll dir helfen, Antworten auf diese Fragen zu finden.
Impulsfrage
Erkläre ausgehend von der Fotografie in M24, welche Bedeutung deiner Meinung nach das "Deutsche Weinlesefest" und die "Deutsche Weinstraße" für Neustadt heute hat. Beziehe in deine Überlegungen auch deinen persönlichen Bezug zum Weinlesefest und zur Weinstraße mit ein.
M24: Fotografie vom Weinlesefest in Neustadt im Jahr 2009
Info-Box: Die Gründung der "Deutschen Weinstraße" 1935
Hier erfährst du Näheres zur Gründung der "Deutschen Weinstraße" 1935.
M25: Ausschnitte aus der SWR-Dokumentation „Der Coup des Gauleiters" von Julia Melan, 2016
M26: Zeitungsartikel aus der Rheinpfalz zum Umgang mit dem Gedenkstein zur Gründung der "Deutschen Weinstraße" von 1935
M27: Ausschnitt aus einem Zeitungsartikel der Rheinpfalz "Geniale Idee mit problematischer Herkunft" von Kathrin Keller vom 7. August 2010
Aufgaben
M28: Chronologie zur Errichtung von Orten der Erinnerung in Neustadt
M29: Zeitstrahl "Orte zum Vergessen" oder "vergessene Orte"
M30: Rede des Oberbürgermeisters Marc Weigel anlässlich des Gedenktags „80 Jahre Reichspogromnacht“, gehalten am 9. November 2018 in Neustadt an der Weinstraße
Aufgaben