von Karl Fücks
Hermann W. Morweiser wurde am 27. September 1932 in Ludwigshafen geboren. Nach dem Besuch der Volksschule lernte er den Beruf des Bau- und Gerätetischlers. Bis zu seiner Pensionierung fand er in drei Handwerksbetrieben Arbeit. 1947 wurde er Mitglied der evangelischen Jugend und 1948 trat er der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und 1949 der KPD bei. Ab 1951 war er hauptamtliches Mitglied der illegalen Landesleitung der FDJ in Rheinland-Pfalz. Am 17. April 1954 wurde er verhaftet und am 17. Dezember 1954 nach neunmonatiger Untersuchungshaft wegen illegaler Tätigkeit für die FDJ zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt. 1956 war er bis zum Parteiverbot kurze Zeit Kreissekretär der KPD in Landau und Bad Bergzabern. 1968 trat er in die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ein und kandidierte zum Stadtrat in Ludwigshafen. Seit 1973 ist er bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA) und Mitglied in deren Präsidium. Durch diese Tätigkeit lernte er viele alte KPD-Mitglieder kennen, die während der NS-Zeit im Konzentrationslager oder Gefängnis saßen und/oder anderes Leid hatten erdulden müssen. Diese Schicksale und die Tatsache, dass viele Täter in der Bundesrepublik hohe Ämter bekleideten, wollte er nicht vergessen und beschweigen. Er sammelte also unaufgefordert Dokumente und Fotos von Personen aus Rheinland-Pfalz und der Pfalz im Besonderen. In mehreren Räumen seines Hauses entstand bald ein umfangreiches Archiv, das allein über 600 Ordner mit personenbezogenen Sammlungen umfasste. Das Archiv, das immer weiter anwuchs, wurde von ihm selbst getragen – mit Unterstützung seiner Familie. Hermann W. Morweiser arbeitete täglich acht Stunden in einer Reifenfirma und abends saß er in seinem Archiv, um Neues abzulegen oder zuerst mit der Schreibmaschine, später mit dem PC, Bücher zu verfassen. Der besondere Wert des Archivs bestand darin, dass hier Vieles vorlag, das ansonsten an kommunistischem Widerstand nur in der DDR dokumentiert und in der BRD von Historikern vernachlässigt wurde. Das komplette Archiv ist heute im Stadtarchiv Ludwigshafen für Forscher und Historiker zugänglich. Der seit mehreren Jahren existente Begriff des „Barfußhistorikers“ trifft auf Hermann W. Morweiser zu. Er hat ohne ein Geschichtsstudium absolviert zu haben, Daten, Informationen und Zeitzeugenberichte gesammelt und vor dem Vergessen bewahrt.
Literatur
Hermann Morweiser, Vom Lager „Rheinpfalz“ nach Dachau gebracht. In Neustadt ist das provisorische KZ fast vergessen, in: Die Tat, 23.10.1981, 12–13. Erste relevante Auseinandersetzung mit dem frühen Konzentrationslager Neustadt.
Hermann Morweiser, Auch in Ludwigshafen gab es Widerstand gegen den Faschismus. Ludwigshafen 1981. Schmale, aber wegbereitende Monographie zum Widerstand der Ludwigshafener Arbeitsbewegung gegen das NS-Regime.
Hermann Morweiser u. a., „Niemand hatte das Herz sich zu rühren.“ Mutterstadt 1933––1945. Speyer 2003. Auf die Verfolgtengeschichte Mutterstadts konzentriertes Buch, das den „Barfußhistoriker“ Morweiser mit Eberhard Dittus, einem bis heute prägenden geschichtskulturellen Akteur in Neustadt, zusammengebracht hat.