Mit Fotografien lernen

Impulsfrage

In welchen Situationen schießt du Fotos? Aus welchen Gründen? Mit wem teilst du sie? Auf welchem Weg? (Social-Media-Plattformen, Fotoalben, Schule)

Bilder sind im Alltag beispielsweise in Form von Fotografien auf Smartphones, Druckerzeugnissen oder Wahl- und Werbeplakaten allgegenwärtig. Im Zuge der Digitalisierung haben die Produktion und der Austausch von Bildern rasant zugenommen. Historiker*innen unterteilen Bildquellen in verschiedene Gattungen. Eine Karikatur beispielsweise unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von einer Buchmalerei, einem Historiengemälde oder einem Wahlplakat. Jede Bildgattung bietet unterschiedliche Erkenntnismöglichkeiten.

Während der NS-Zeit erfuhr die Fotografie einen immensen Bedeutungszuwachs. Das NS-Regime wusste das Medium sowie bewegte Bilder, also Filme, gezielt für propagandistische Zwecke einzusetzen, um die ideologischen Grundlagen des Nationalsozialismus in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Auch in der Gauhauptstadt Neustadt wurde die Volksgemeinschaft in Fotografien bewusst in Szene gesetzt.

Da Aufnahme- und Abbildungszeitpunkt bei Fotografien identisch sind, werden sie vielfach als unmittelbare und wirklichkeitsgetreue Wiedergabe einer (vermeintlichen) Realität wahrgenommen. In diesem Unterkapitel geht es darum, genau dies kritisch zu hinterfragen. Zunächst erhältst du nähere Informationen dazu, wie die öffentliche Verbreitung von Bildern in der NS-Zeit kontrolliert und gesteuert wurde. Im zweiten Abschnitt wird an ausgewählten Beispielen gezeigt, inwiefern eine fundierte Quellenkritik von Bildquellen dir vielfältige Erkenntnismöglichkeiten über ihre Entstehungszeit, die damit verbundenen Aussageabsichten sowie die an der Entstehung beteiligten Akteure und die jeweiligen möglichen Adressat*innen liefern kann. Besonders zu bedenken ist dabei die Tatsache, dass gerade häufig fotografische Zeugnisse von all jenen Personen fehlen, die von der Volksgemeinschaft ausgeschlossen waren. Tauchten diese Personen in Fotografien auf, so dienten diese oftmals der propagandistischen Legimitierung der nationalsozialistischen Exklusionspolitik. Abschließend soll es um die Manipulation von Wahrnehmungen gehen.

1. „Gelenkte Bilder" (Klaus Hesse, 2013)

M1: Video „Historische Bildmanipulation“ von dem Kanal „Mr. Wissen-To-Go"

M2: Fotografien der Bücherverbrennung in Neustadt vom 14. Mai 1933 auf dem nur knapp zwei Wochen zuvor zum „Adolf-Hitler-Platz“ umbenannten Marktplatz, eines der Fotos stammt aus der NSZ Rheinfront

Aufgaben

  1. Fasse ausgehend von M1 zusammen, welche Verfahren zur Bildmanipulationen in der NS-Zeit vorrangig zum Einsatz kamen und inwiefern sich diese von anderen Zeiten unterschieden.

    Tipp: Ab Minute 7:50 geht es um die Bildmanipulation zur Zeit des Nationalsozialismus.

  2. Erläutere ausgehend von der Info-Box „Fotografie als Propagandainstrument im Nationalsozialismus“, was bei der Quellenkritik von Fotografien aus der NS-Zeit beachtet werden muss.
  3. Erkläre anhand der Galerie M2, inwiefern in diesen Bildern eine bewusste Inszenierung der Bücherverbrennung zu Propagandazwecken deutlich wird.

    Tipp: Die Markierung des Fotografen im ersten Bild der Galerie soll dir als Hilfestellung dienen. Nimm auch den Glossareintrag zur Bücherverbrennung in Neustadt zu Hilfe.

  4. Stelle die jeweiligen Vorteile der zwei unterschiedlichen Fotografen-Perspektiven in M2 mit Blick auf die Wirkung im Sinne der nationalsozialistischen Propaganda auf den*die Betrachter*in einander gegenüber.
  5. Diskutiere, inwiefern das Zitat aus der Kapitelüberschrift „Gelenkte Bilder“1 auf Fotografien zutrifft, die im Rahmen der offiziellen Bildproduktion der NS-Zeit entstanden.
  6. Diskutiere die These Mirko Drotschmanns (M1), nach der Fotografien nicht als „unparteiische Zeitzeugen der Geschichte“ gesehen werden können.

2. Die Inszenierung der Volksgemeinschaft

M3: Fotografien zur Wahlkampfkundgebung der NSDAP im Neustadter Stadion am 29. Juni 1932 unter anderem auch mit Adolf Hitler als Redner

M4: Fotografien vom Eintopfsonntag in Diedesfeld mit Besuch vom örtlichen Bürgermeister (unbekannter Aufnahmezeitpunkt, wohl zwischen 1934 und 1938)

M5: Fotografien vom Bau der Sauloog-Siedlung durch den Neustadter SA-Sturm im Jahr 1937, die Aufnahmen stammen aus dem Fotostudio Arthur Gerspachs

M6: Fotografien von der Siegesparade im Oktober 1940 in Neustadt nach dem Westfeldzug, die Aufnahmen stammen aus dem Fotostudio Arthur Gerspach

M7: Fotografien von einer Woll- und Pelzsammlung in Neustadt im Jahr 1941

M8: Fotografien vom „Heldengedenktag" im Jahr 1944

Aufgaben

  1. Charakterisiere ausgehend von einer Galerie deiner Wahl (M3-M8), die jeweilige Inszenierung der Volksgemeinschaft. Beziehe dabei auch den jeweiligen historischen Kontext mit ein.

    Tipp: Unter jeder Galerie ist eine themenbezogene Info-Box, in der du hilfreiche Informationen zur Einordnung der Bilder in den historischen Kontext findest.

  2. Analysiere die ästhetischen Mittel, mit denen die Inszenierung der Volksgemeinschaft in den Fotografien einer Galerie deiner Wahl (M3-M8) umgesetzt wird. Achte dabei insbesondere auf folgende Aspekte:
  • Entstehungsort
  • Position des*der Fotograf*in, gewählte Perspektive
  • Zentrale Darstellungselemente
  • Personen und dargestellte Personengruppen: Anzahl, Gestik, Mimik, Haltung
  • Weitere Bildelemente: Gegenstände, Symbole

  1. Vergleicht eure Bildanalysen in der Gruppe. Stelle dabei unter Berücksichtigung des jeweiligen Entstehungskontextes Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Darstellung der Volksgemeinschafts-Ideologie heraus.
  2. Diskutiere unter Bezugnahme auf mindestens drei Galerien (M3-M8) die These des Historikers Fuhrmeister in M9.

M10: Fotografien zur „Schutzhaft“ aus dem Jahr 1933

Aufgaben

  1. Beschreibe die Fotografien in M10 im Detail.
  2. Ordne die Fotografien mithilfe der Info-Box „Schutzhaft“ in ihren historischen Kontext ein.

    Tipp: Weitere Informationen zum Thema „Schutzhaft“ findest im Unterkapitel 1.4 zum (frühen) Konzentrationslager in Neustadt.

  3. Die Fotos in M10 sind zwei der wenigen erhaltenen und entstandenen Fotografien aus Neustadt, auf dem vom NS-Regime verfolgte Menschen zu sehen sind. Entwickle erste Erklärungsansätze für die lückenhafte Quellenlage in dieser Hinsicht.

    Tipp: Die Darstellung in M11 kann dir helfen, Erklärungsansätze zu finden.

  4. Am 22. September 2020 berichten die Mitarbeiter*innen der „Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt“ auf ihrer Website über ihre Aktivitäten: „Auch wenn der Besuch von Schulklassen seit Beginn der Corona-Pandemie stark zurück gegangen ist, so hatten wir immer wieder Einzelbesucher und kleine Gruppen zu Gast, wie zum Beispiel am 8. August Familienmitglieder des ehemaligen Gefangenen Heinrich Heieck. Heieck wurde in Neustadt inhaftiert, weil er aktives Mitglied in der KPD in Kaiserslautern war. Die 14 Familienmitglieder, von der Tochter bis zur Enkelin, überreichten uns Fotos und Dokumente aus der damaligen Zeit, die für unsere pädagogische Arbeit sehr wichtig sind.“ Setze dich ausgehend von dieser Meldung damit auseinander, welche Relevanz die Überführung privater Fotosammlungen in die öffentlich-zugänglichen Archive und/oder Bildungseinrichtungen für die Erforschung und Auseinandersetzung mit der NS-Zeit hat.

M12: Vier Versionen des Titelbildes zum Kapitel „Die Deportationen der Neustadter Jüdinnen und Juden“

M13: Zwei verschiedene Versionen des Titelbildes aus dem Unterkapitel „2.3 Kirchen im Nationalsozialismus"

M14: Fotomontage einer Fotografie zum „Erntedankumzug“ 1935 in Neustadt

Aufgaben

  1. Beschreibe, inwiefern sich deine Wahrnehmung der Titelbilder in M12 und M13 je nach verwendeten Filtern/Aufnahmemodi unterscheidet.
  2. Die Galerie M14 zeigt eine Fotomontage zu einem Bild von dem Umzug am Erntedankfest in Neustadt 1935.

    a) Beschreibe, wie sich die Wirkung der Bilder im Verlauf verändert.
    b) Erläutere, welche Bildelemente konkret manipuliert wurden und überlege, warum.
    c) Beurteile ausgehend von deinen Erkenntnissen, inwiefern die fotografische Inszenierung des Erntedankfestes in Neustadt die zeitgenössische Wahrnehmung der „Feierlichkeiten“ beeinflusst haben könnte.

    Tipp: Ein weiteres Beispiel für eine Fotomontage findest du zum Auftakt des Unterkapitels 1.3.

  3. Neben historischen Fotografien kommen in diesem multimedialen Schulgeschichtsbuch auch weitere Bildgattungen zum Einsatz. Wähle aus einem Kapitel deiner Wahl ein Bild einer anderen Gattung aus und vergleiche diese mit der Gattung „Fotografie“ hinsichtlich der notwendigen historischen Quellenkritik.
  4. Beurteile anhand eines Titelbildes deiner Wahl, ob du dessen Verwendung an der entsprechenden Stelle passend findest.
  5. Überlege, bei denjenigen Titelbildern, deren Verwendung sich dir nicht unmittelbar erschließt, warum die Autor*innen sie wohl ausgewählt haben.
  6. Diskutiere ausgehend von deinen Erkenntnissen aus dem Schulgeschichtsbuch, ob du den Einsatz von Bildern in Geschichtsschulbüchern zu Zwecken der Veranschaulichung sinnvoll findest.

    Tipp: Schulbuchautor*innen im Fach Geschichte beispielsweise beurteilen den Einsatz von Fotografien zum Zweck der Veranschaulichung in der Regel als nicht sinnvoll, da auch Fotografien Quellen sind, die stets kritisch eingeordnet und interpretiert werden müssen.

  7. Beurteile, ob die Bearbeitung dieses Unterkapitels deinen zukünftigen Umgang mit Bildern im Alltag verändern wird.
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