„Gautag“ der pfälzischen NSDAP 1932

Wirtschaft Münzer, Hauptstraße 101 (1926). Foto: Stadtarchiv Neustadt, Fotosammlung.

von Miriam Breß

Am 10. Juli 1932 fand der Gautag der pfälzischen NSDAP in Neustadt statt. Allein an dem Demonstrationszug durch die Stadt nahmen ca. 8 000 uniformierte SA- und SS-Männer teil. Als sich der Demonstrationszug dem Lokal des Reichsbanners (Wirtschaft Münzer) näherte, bedrängten SS-Männer einzelne Reichsbanner-Mitglieder, die vor ihrem Lokal standen, und rissen ihnen ihre „Eiserne Front“-Abzeichen ab. Die stark in der Minderheit befindlichen Reichsbannermitglieder versuchten, in ihr Lokal zu fliehen, was die Nationalsozialisten aber verhindern wollten. Selbst auf Männer, die am Boden lagen, prügelten sie mit Schulterriemen ein. Im weiteren Verlauf fiel ein erster Schuss – woraufhin Nationalsozialisten sämtliche Fenster der Wirtschaft einschlugen und in diese hineinstürmten. Insgesamt wurden mehrere Schüsse abgeben, durch die drei Nationalsozialisten verletzt wurden. Die NSDAP versuchte in den folgenden Monaten energisch, Kapital aus den Schüssen zu schlagen. Sie stilisierte sich zum Opfer einer „roten Mordpest“, stellte die Geschehnisse als geplanten Anschlag des Reichsbanners dar und erklärte Juden zu Strippenziehern. Sie selbst präsentierten sich als Ordnungsstifter, die nun endlich mit der von Juden geführten „roten Mordpest“ aufräumen würden. Bei der Umdeutung der Geschehnisse des Gautages spielten das (frühe) Konzentrationslager und vor allem der Prozess 1932/1933 eine bedeutende Rolle.

Quellen

Landesarchiv Speyer H75 3, J72 349, J6 8998; C.V.-Zeitung, 15.07.1932, 29.07.1932, 11.11.1932; Pfälzische Freie Presse, 12.07.1932, 02.11.1932; Hauptstaatsarchiv München MJU 71715; Pfälzischer Kurier, 15.07.1933.

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