NSDAP, Profil

Anfang 1925: Gründungsmitglieder der Neustadter NSDAP-Ortsgruppe bei einem der ersten Treffen in der Gimmeldinger Talmühle, unter ihnen der erste Vorsitzende Ernst Ludwig Leyser (3. v.r.). Foto: Stadtarchiv Neustadt, B II Nr. 392b.

von Markus Raasch

Die spätere Gauhauptstadt Neustadt gehörte nicht zu den frühen Zentren der pfälzischen NSDAP. Verhältnismäßig spät kam es erst am 12. Mai 1925 zur Gründung einer eigenen Ortsgruppe. Zu deren Leiter wurde der 28-jährige Ernst Ludwig Leyser – Sohn eines Eisenbahnverwalters aus Hettenleidelheim bei Grünstadt – gewählt, der freilich das Amt schon nach kurzer Zeit wieder abgab, da er sich auf seine Führungspositionen in der SA und der damals erst im Entstehen begriffenen SS konzentrieren wollte. Die Leitung der Ortsgruppe Neustadt übernahm zunächst Hans Werner Gottschalk, ein 26-jähriger Arztsohn aus Gimmeldingen, dem Ende des Jahres 1926 Emil Harth folgte, Hauptlehrer an der Volksschule in Haardt, der mit seinen 52 Jahren eine Ausnahmeerscheinung unter den Neustadter Parteigenossen darstellte, die ansonsten fast alle jünger als 30 waren. Nachdem Neustadt 1927 vor allem aus pragmatischen Gründen zum Sitz der Gauleitung und der Gaugeschäftsstelle geworden war, wechselte die Ortsgruppenleitung mehrfach. Prägend für die örtlichen Belange der Partei wurde insbesondere der Bauernsohn und gelernte Bäcker Hieronymus Merkle, der seit 1929 im Stadtrat saß und kurz vor der „Machtergreifung“ den Posten des Kreisleiters übernahm. Obwohl in der Führungsriege der Neustadter NSDAP Beamte und Angestellte dominierten, zeigt gerade auch sein Beispiel, dass die Partei bei jeder sozialen Gruppe Erfolg hatte und in allen Schichten ihre Mitglieder fand: bei Bauern, Arbeitern, Angestellten, Beamten, Offizieren, Pfarrern, Studierenden, Wissenschaftlern und Unternehmern, bei Reich und bei Arm, bei Männern und bei Frauen, bei Jung und Alt. Schon im Mai 1933 führten die zahlreichen Parteieintritte dazu, dass von der alten Ortsgruppe Neustadt (jetzt Neustadt-Mitte) zwei neue Ortsgruppen Neustadt-Ost und -West abgespalten wurden. Nach der Machtübernahme waren Partei und Gesellschaft also kaum mehr zu trennen, was beispielhaft auch die engen Bande zwischen NSDAP und Stadtverwaltung vor Augen führen. So hatte der zwischen 1933 und 1942 amtierende Kreisleiter Merkle bis 1936 das Amt des Ersten Beigeordneten der Stadt Neustadt inne. Richard Imbt gehörte auch nach Übernahme des Oberbürgermeisterpostens im Jahre 1936 der Gauleitung an, sein Nachfolger Karl Schlee blieb nach seinem Amtsantritt 1938 Stellvertreter des Kreisleiters Merkle und übernahm in dieser Funktion kurzeitig auch die Leitung des Parteikreises Neustadt, als Merkle zusammen mit Josef Bürckel zum Aufbau der Parteiorganisation nach Österreich ging.

Literatur

Franz Maier/Martin Hanisch, Ganz normale Männer? Ein Profil der Neustadter NSDAP, SA und SS, in: Markus Raasch (Hrsg.), Volksgemeinschaft in der Gauhauptstadt. Neustadt an der Weinstraße und der Nationalsozialismus. Münster 2020. Quellengesättigte Studie zum Führungspersonal und zur sozialen Zusammensetzung von NSDAP, SA und SS in Neustadt.

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