NSDAP, Aufstieg

„Flugtag“ der NSDAP am 3. und 4. September 1932 auf dem Flugplatz Lachen-Speyerdorf. Foto: Stadtarchiv Neustadt, Fotosammlung Gerhard Berzel 507-510.

von Markus Raasch

Der Aufstieg der Neustadter NSDAP ist wesentlich mit den Problemlagen der 1920er Jahre verbunden. So litt die politische Kultur darunter, dass Lagerdenken immer wichtiger als die Sorge um das Gemeinwohl war. Der leidenschaftliche Einsatz für eine demokratische Gesellschaft galt dementsprechend nicht als Staatsraison, sondern als Parteipolitik – vor allem das sozialdemokratisch geprägte „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ musste diese Erfahrung machen. Hinzu kam, dass die französische Besatzung die Demokratieverdrossenheit nachdrücklich förderte und die Weltwirtschaftskrise die Region besonders schwer traf. Ein Übriges tat die – vor allem dank der NSDAP – steigende Gewalt im öffentlichen Raum, die bei vielen Menschen die Sehnsucht nach einem starken, für Sicherheit und Ordnung sorgenden „Führer“ nährte. Nicht zuletzt trat die NSDAP aber auch in geschickter Weise als Verheißungspartei auf. Dies betraf zunächst ihre inhaltliche Ausrichtung, die jede konkrete Festlegung vermied und stattdessen vor allem mit folgenden Botschaften auf Erfolgsjagd ging: mit einer rigorosen Absage an das „System von Weimar“, dem Aufruf zu „Anstand“ und „Ehrlichkeit“ sowie dem ebenso vage wie energisch vorgetragenen Versprechen, eine „echte Volksgemeinschaft“ jenseits aller Parteiinteressen und Standesschranken zu schaffen. Zukunftsträchtigkeit versprach die NSDAP durch ihre „Jugendlichkeit“ (ein SA-Mann in Neustadt war zum Zeitpunkt seines Eintritts durchschnittlich 29,9 Jahre alt, ein SS-Mann sogar nur 27,9 Jahre), sowie ihre mediale und technische Kompetenz (wie keine zweite Partei bediente sie sich z. B. der Massenmedien sowie einer hochprofessionellen Wahlkampfsteuerung inklusive moderner Werbemittel wie Postkarten, Aufkleber, Anstecknadeln, Broschüren, Plakate und Flugblätter). Aufwendig choreografierte Großveranstaltungen suggerierten massenhafte Unterstützung, zudem einen ausgeprägten Sinn für „Ordnung“ und „Disziplin“. Gezielt wurde bei Parteiveranstaltungen versucht, lokale Bedürfnisse zu befriedigen, etwa durch die Auswahl von Liedern, Rednern oder Alkoholika. Überdies tat eine spezifische Symbolpolitik – angefangen bei dem Einsatz gegen Diätenerhöhungen, über die Bewachung von Obstgärten zur Verhinderung von Felddiebstählen bis zu Nahrungsmittelspenden – ihre Wirkung.

Literatur

Michael Kißener, Die Verheißung der Volksgemeinschaft. Politische Mittel und Ziele der NSDAP in Neustadt, in: Markus Raasch (Hrsg.), Volksgemeinschaft in der Gauhauptstadt. Neustadt an der Weinstraße und der Nationalsozialismus. Münster 2020. Anschaulicher und gut lesbarer Aufsatz zum Anteil der NSDAP am eigenen Aufstieg.

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