Emilie Karl, geboren am 10. Dezember 1909 in Neustadt, erlernte bei der Firma Oehlert den Beruf der Weberin. Bereits 1925 wurde sie Mitglied bei den Naturfreunden und im Kommunistischen Jugendverband (KJVD). Ihre drei Brüder Hans, Eugen und Arthur Reichert gehörten ebenfalls dem KJVD oder der KPD an. Obwohl Emilie Karl die Aktivere war, waren es ihre drei Brüder, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten für sechs bis acht Wochen in „Schutzhaft“ eingesperrt waren. Mit dem Ehepaar Käthe und Ludwig Brunner, Fritz Ciriaci, Johannes Niklas, Willi Wessel und ihren Brüdern arbeitete sie in einer örtlichen Widerstandsgruppe der KPD. In der Gruppe gab es eine klare Aufgabenteilung. Während Willi Wessel und Hans Schreiber die Texte für die Flugschriften wie den „Neustadter Zeitspiegel“ verfassten, gehörte Emilie Karl zu der Gruppe der Verteiler. Zwischen der Gruppe der Drucker und den Verteilern durfte es keinen direkten Kontakt geben. Abgelegt wurden die Flugschriften zur Verteilung häufig in Gullys, meist wurden nicht mehr als 100 Exemplare gedruckt. Emilie Karl nutzte auch ihren Nebenberuf als Kassiererin für die Alte Leipziger Versicherung, um vertrauensvollen Personen eine Flugschrift zuzustecken. Auch nach der Beendigung der illegalen Arbeit der Widerstandsgruppe stand Emilie Karl unter polizeilicher Beobachtung. Mehrfach wurde Emilie Karl verhaftet, z. B wegen des Verdachts staatsfeindlicher Tätigkeit und zuletzt von der Gestapo im Oktober 1944 wegen angeblichen Waffenschmuggels. Auch ihr Ehemann Friedrich Karl stand unter polizeilicher Beobachtung. Nach 1945 engagierte sich Emilie Karl beim Deutschen Demokratischen Frauenbund, den Naturfreunden und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Über die Machenschaften der Nationalsozialisten in Neustadt wusste sie bestens Bescheid.
Quellen
Interne Dokumente der Naturfreunde.
Käthe Brunner, Interview 1985, durchgeführt von Karl Fücks (zugänglich über Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt).
Emilie Karl, Interview 1984, durchgeführt von Karl Fücks (zugänglich über Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt).
Literatur
Hans Denig, Die Blaue Blume oder zwischen Rot und Grün. 100 Jahre Touristenverein „Die Naturfreunde“, 85 Jahre Naturfreunde Rheinland-Pfalz. Ludwigshafen a. Rh. 1995. Nicht durchgehend akribisch recherchierte Festschrift.