von Helge Müller
Adam Jung, geb. am 26. Januar 1872 in Heßheim, gestorben am 29. Oktober 1954 in Heidelberg, begann 1892 sein Studium als stud. phil. in München, wechselte 1893 in die Theologische Fakultät nach Straßburg und ging von 1894 bis 1896 nach Utrecht. Nach Aufnahmeprüfung (1896) und Anstellungsprüfung (1899) trat er in den Dienst der Landeskirche ein. Von 1917 an war er Dekan in Lauterecken, 1926 ging er als Dekan nach Neustadt an der Haardt, 1935 wurde er vorzeitig pensioniert. Nach einer Zwischenstation in Lambsheim nahm er seinen Wohnsitz in Heidelberg. Nach dem Krieg musste er sich dort dem Questionaire der französischen Behörde stellen, die ihn als „Mitläufer“ einstufte, was auch seitens der pfälzischen Landeskirche hinsichtlich seiner Pensionsberechtigung anerkannt wurde. Tatsächlich ist eine Würdigung Adam Jungs sehr schwierig. Innergemeindlich hatte er schon 1927 viel Vertrauen verloren, weil er als Mitglied der Friedensvereinigung polemisch in den Presbyterwahlkampf von 1927 eingegriffen hatte. Seine Schrift „Zur Einweihung der renovierten prot-Stiftskirche“ (1928) verriet historisches Verständnis. Das aber konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Renovierung nur mit einer Kostensteigerung von 300 Prozent möglich war. Sein Qualifikationsmerkmal war bereits vom Beginn seines Studiums an ein pädagogisches Interesse, was sich in seinem frühen Schrifttum, aber auch später in einer Predigt spiegelte, die er zur Einführung des von den Nationalsozialisten installierten Stadtrats am 27. April 1933 hielt und die heute gespielt naiv, wenn nicht sogar zynisch wirkt. Auch sein Wunsch, die Kirchengemeinde mit ihrer Tochtergemeinde Winzingen zu vereinen, ging wegen der Interessen der NSDAP-Gauleitung nicht in Erfüllung. Auf solche Weise erfolglos beging er, der seit Mai 1933 Parteimitglied war, den Fehler, sich mit dem bekennenden Nationalsozialisten Philipp Schmidt zu verbünden. Philipp Schmidt gelang es, Adam Jung gegen Pfarrer Wilhelm Siebert wegen einer Predigt aufzuwiegeln, die bei einem SA-Sturm anlässlich eines Gottesdienstbesuchs Unmut ausgelöst hatte. Da die Partei sich für den parteilosen Wilhelm Siebert nicht zuständig fühlte, nahm sich der Landeskirchenrat der Angelegenheit an. Für Adam Jung brachte das Dienstgerichtsverfahren eine bittere Niederlage, die er nur mit einer von Speyer gut geheißenen Bitte um Pensionierung beantworten konnte.
Quellen
Personalakte Adam Jung, Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz (ZASP) 2 1232.
Protokoll, 14.11.1933, ZASP 44 Neustadt 602.
Adam Jung, Der Religionsunterricht in der Volksschule. Berlin 1913.
Adam Jung, Entwurf zu einer „Kurzen Geschichte der christlichen Kirche“. Speyer 1921.
Eine denkwürdige Stadtratssitzung in Neustadt a. d. H, in: Stadt- und Dorfanzeiger, 28.04.1933.
Literatur
Thomas Fandel, Konfession und Nationalsozialismus. Evangelische und katholische Pfarrer in der Pfalz 1930–1939. Paderborn u. a 1997. Das grundlegende Werk für jede weitere Forschung.
Helge Müller, Die Kirchengemeinde Neustadt und ihre Tochtergemeinde Winzingen, in: Christoph Picker u. a. (Hrsg.), Protestanten ohne Protest. Die evangelische Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus, Bd. 1. Speyer 2016, 258–265. Die kleine Abhandlung bezieht das presbyteriale Umfeld mit ein.