von Wilhelm Kreutz
Ab 1832 versuchten die bayerisch-pfälzischen Behörden, die Erinnerung an das Hambacher Fest zu unterdrücken: Die Zusammenkunft Neustadter Bürgerinnen und Bürger anlässlich des ersten Jahrestags wurde von Soldaten blutig unterdrückt und selbst harmlose Memorabilien wie Pfeifenköpfe, Tücher oder Schürzen wurden konfisziert. Der entscheidende Schritt zur Verdrängung des „Maifests“ aus dem öffentlichen Bewusstsein ging jedoch von den Pfälzerinnen und Pfälzern selbst aus, die 1842 dem bayerischen Thronfolgerpaar die Schlossruine zur Hochzeit schenkten. Zwar brach man ihren Ausbau zugunsten der Villa Ludwigshöhe bald ab, aber der Name der seither so genannten „Maxburg“ blieb nach dem Zweiten Weltkrieg im öffentlichen Bewusstsein präsent. Neben einem Marsch auf den Schlossberg im Mai 1848 gestattete der wittelsbachische Eigentümer nur 1871 anlässlich der Reichsgründung eine von nationalem Pathos erfüllte und schwarz-weiß-rot dekorierte Gedenkfeier. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs veranstaltete der Pfälzerwald-Verein zwei völlig unpolitische „Neue Hambacher Feste“, die freilich als „Jörgenfeste“ bereits im April auch an den Heiligen Georg erinnerten. Erst während der Weimarer Republik rückte mit den demokratischen Traditionen Deutschlands auch das Hambacher Fest in den Blickpunkt, wie nicht nur die – indes umkämpfte – schwarz-rot-goldene Fahne unterstrich. 1923 feierte das zum Schutz der jungen Republik gegründete „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ sein Gaufest auf dem Schloss und 1932 drückte der junge Reichstagsabgeordnete Theodor Heuss den 100-Jahr-Feiern seinen liberalen Stempel auf, wenngleich das übrige Festgeschehen seinen nationalistischen Charakter nicht verbergen konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg pflegten besonders die rheinland-pfälzischen Landesregierungen das Andenken an die „Wiege der deutschen Demokratie“. Die Feiern von 1957 und der Ausbau des Festsaals in den 1960er Jahren wurden von den Aktivitäten im Jubiläumsjahr 1982 weit übertroffen. Die Schloss-Ruine wurde mit Millionenaufwand um- und ausgebaut sowie erstmals eine Dauerausstellung installiert. Stand damals noch die Forderung nach nationaler Einheit in Freiheit im Mittelpunkt, so rückten nach 1989 die Appelle, den europäischen Einigungsprozess im Geiste Hambachs voranzutreiben, deutlicher in den Vordergrund.
Literatur
Dieter Schiffmann, Das Hambacher Fest – Ein deutscher Erinnerungsort. Die Nachgeschichte des Hambacher Fests im Spannungsfeld von kollektivem Gedächtnis und Geschichtspolitik, in: Joachim Kermann u. a. (Hrsg.), Freiheit. Einheit. Europa. Das Hambacher Fest von 1832. Ursachen, Ziele, Wirkungen. Ludwigshafen a. Rh. 2006, 333–386. Einzige umfassende und grundlegende Darstellung.