„Batschkapfälzer“

Gauleiter Josef Bürckel bei einer Ansprache in Neuwerbas (Jugoslawien), in: NSZ Rheinfront, 16. August 1935.

von Miriam Breß

Bei den „Batschkapfälzern“ handelte es sich um Nachkommen von deutschsprachigen Auswanderinnern und Auswanderern, die im 18. Jahrhundert in mehreren sog. „Schwabenzügen“ von Österreich-Ungarn zur Peuplierung des südlichen Donauraumes angesiedelt wurden. Sowohl in der Fremd- als auch in der Eigenbezeichnung hießen diese Personen bereits vor dem Ersten Weltkrieg vornehmlich „Schwaben“. Nachdem 1918 das „schwäbische“ Siedlungsgebiet auf Ungarn, Jugoslawien und Rumänien aufgeteilt wurde, führte die deutsche Südosteuropaforschung den Sammelbegriff „Donauschwaben“ ein. Daneben gab es als Eigenbezeichnung die Begriffe Ungarndeutsche, Jugoslawiendeutsche und Rumäniendeutsche. Allein in Jugoslawien, zu der die Batschka gehörte, lebten ca. eine halbe Million „Deutsche“. Die NS-Propaganda in der Pfalz bezeichnete diese Auslandsdeutschen als „Batschkapfälzer“. Bei dem Begriff handelt es sich wohl um eine genuin pfälzisch-nationalsozialistische Erfindung. In der Pfalz wurde eine immense Propaganda um die „Batschkapfälzer“ betrieben. Zudem gab es im August 1933 die Pfalzfahrt der „Batschkapfälzer“, an der ca. 30 Männer und Frauen aus der Batschka teilnahmen. Zwischen 1934 und 1937 kam es zu insgesamt vier sog. „Volkstumsfahrten“ aus der Pfalz in die Batschka, an denen jeweils ca. 60 bis 80 Personen teilnahmen. Parallel fanden in der Pfalz zahlreiche Lichtbildvorträge z. B. in Haardt, Lachen-Speyerdorf und Neustadt über die Fahrten selbst bzw. über die Geschichte der „Batschkapfälzer“ statt. Ziel der Vereinnahmung war unter anderen die „Batschkapfälzer“ als Fürsprecherinnen und Fürsprecher des NS-Regimes im Ausland zu nutzen, die eigenen antisemitisch motivierten Verbrechen zu verharmlosen, das eigene Deutschtum/Pfälzertum aufzuwerten und innenpolitische Konflikte – z. B. mit dem Katholizismus – zu beeinflussen. Es wurde dabei eine große Volksgemeinschaft propagiert, die durch ein imaginäres gemeinsames Blut zusammengehalten werde. In der Batschka allerdings, wo Gegenwehr zunächst nicht mit „Schutzhaft“ und Konzentrationslager geahndet werden konnte, spalteten sich die traditionellen Gemeinschaften radikal in „Weiße“ (Anhängerinnen und Anhänger des Nationalsozialismus) und „Schwarze“ (Gegnerinnen und Gegner des Nationalsozialismus).

Quellen

NSZ Rheinfront, 01.08.1935, 03.08.1935, 06.08.1935, 23.08.1935; Unsere Heimat, 1935/1936.

Literatur

Márta Fata,Donauschwaben“ in Südosteuropa seit der Frühen Neuzeit, in: Klaus J. Bade u. a. (Hrsg.), Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Paderborn 2007, 535–540. Die Autorin gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte der Donauschwaben.

Wolfgang Freund, Mittelstelle Saarpfalz und Mittelstelle Westmark, in: Ingo Haar/Michael Fahlbusch (Hrsg.), Handbuch der völkischen Wissenschaft. Personen, Institutionen, Forschungsprogramme, Stiftungen. München 2008, 1888–1891. Der Autor beschäftigt sich mit der sog. Volkstumsarbeit in der Pfalz.

Mariana Hausleitner, Die Donauschwaben 1868–1948. Ihre Rolle im rumänischen und serbischen Banat. Stuttgart 2014. Die Autorin legt eine grundlegende Studie zu den Donauschwaben vor.

Zoran Janjetović, Die Donauschwaben in der Vojvodina und der Nationalsozialismus, in: Mariana Hausleitner/Harald Roth (Hrsg.), Der Einfluss von Faschismus und Nationalsozialismus auf Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa. München 2006, 219–235. Der Aufsatz beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen den Donauschwaben und dem NS-Regime.

Tammo Luther, Volkstumspolitik des Deutschen Reiches 1933–1938. Die Auslanddeutschen im Spannungsfeld zwischen Traditionalisten und Nationalsozialisten. Stuttgart 2004. Der Autor fokussiert die Konflikte durch die NS-Volkstumspolitik.

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