Dittus, Eberhard

Eberhard Dittus. Foto: Eberhard Dittus.

von Markus Raasch

Eberhard Dittus, 1954 im baden-württembergischen Feldrennach (heute: Straubenhardt) geboren, besuchte eine Berufsfachschule für Elektronik in Pforzheim, ehe er in Wuppertal ein Studium der Religions- und Gemeindepädagogik begann. Nach dem Studium war er bei der Evangelischen Kirche der Pfalz beschäftigt: von 1980 bis 1993 als Religions- und Gemeindepädagoge im Bereich der Jugend-, Familien- und Seniorenarbeit sowie von 1993 bis zu seinem Ruhestand im Januar 2020 als Bildungsreferent auf dem Feld der Friedens- und Gedenkstättenpädagogik; unverändert fungiert er dort als Beauftragter für Gedenkstättenarbeit. Eberhard Dittus gehört in Neustadt seit mehr als zwei Jahrzehnten zu den wichtigsten geschichtskulturellen Akteuren. Wie kaum ein zweiter steht er für das nach den rechtsradikalen Gewaltexzessen der 1990er Jahre (u. a. pogromartige Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen, tödliche Brandanschläge in Mölln und Solingen) wachsende Engagement der Zivilgesellschaft, sich aktiv mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen und eine entsprechend lebendige Erinnerungskultur zu betreiben. In diesem Sinne organisierte und organisiert er – gegen einige Widerstände – immer wieder Mahnwachen und Gedenkveranstaltungen. Als es z. B. 1997 zu einer Schändung des jüdischen Friedhofs in Neustadt kam, rief er zu einer spontanen Kundgebung auf, an der 280 Menschen teilnahmen. Die jährlichen Veranstaltungen in Neustadt zum Gedenken an die Reichspogromnacht und die Deportation der pfälzischen und badischen Juden am 22. Oktober 1940 sind maßgeblich mit ihm verbunden. Ein enger Zusammenhang besteht zwischen seinem praktischen Engagement und seiner Publikationstätigkeit. So führte er z. B. in den 1990er Jahren mit einer Gruppe Neustadter Konfirmanden ein erlebnispädagogisches Projekt zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Neustadt durch, an dessen Ende ein historischer Stadtführer mit dem Titel „Das Geheimnis der Versöhnung ist die Erinnerung“ stand. Schließlich entsprang seinem langjährigen Einsatz im Jahre 2009 die Gründung des Fördervereins für NS-Opfer in Neustadt an der Weinstraße, der seit 2013 am Ort des frühen Konzentrationslagers Neustadt die Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt und damit einen mittlerweile etablierten außerschulischen Lernort mit Museum und Geschichtswerkstatt betreibt. Bis heute ist er Vorsitzender der Gedenkstätte und u. a. tätig im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz, im Sprecherrat der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten- und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz (LAG) und bei der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz.

Literatur

Eberhard Dittus u. a., „Das Geheimnis der Versöhnung ist Erinnerung“. Stätten des Leidens, der Verfolgung, des Terrors und Widerstandes in Neustadt an der Haardt 1933 bis 1945. Speyer 1995. An ein breites Publikum gerichteter historischer Stadtführer zur Verfolgungsgeschichte des Neustadter Nationalsozialismus, der in jeder Hinsicht wegweisend war und ist.

Eberhard Dittus u. a., „Niemand hatte das Herz sich zu rühren“. Mutterstadt 1933 bis 1945. Speyer 2003. Ein schlagendes Beispiel dafür, dass sich Eberhard Dittus nicht nur um die publikumsorientierte Aufarbeitung der Neustadter NS-Geschichte verdient gemacht hat.

Eberhard Dittus, Jüdisches Neustadt an der Weinstraße. Einladung zu einem Rundgang. Haigerloch 2009. Unerlässliche Anlaufstelle für alle, die sich mit der Geschichte der Juden und namentlich ihrer Verfolgung in Neustadt beschäftigen wollen.

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