von Marina Liscevic
Eingeläutet wurde das Kriegsende in Neustadt vor allem durch die beginnenden Luftangriffe im November 1944. Hauptziele der alliierten Jagdbomber waren zumeist infrastrukturell bedeutsame Ziele, wie etwa Bahnanlagen. Durch den ständigen Fliegeralarm war ein Leben außerhalb des Hauses fast nicht mehr denkbar. Ein Großteil des Tages wurde im Luftschutzkeller verbracht und etliche verloren sowohl ihr Hab und Gut als auch ihr Leben. Doch nicht nur die andauernden Angriffe der Jagdbomber bedrohten das Leben der Bevölkerung, auch die schwierige Versorgungslage erschwerte den Alltag der Volksgemeinschaft deutlich. Ein Rationierungssystem mittels Lebensmittelkarten stellte sicher, dass jeder nur die zugestandene Menge an Lebensmitteln erhielt, um Versorgungsengpässe zu vermeiden. Dennoch herrschte Lebensmittelknappheit und auch Wasser und Hygieneartikel waren Mangelware. Eine lebensbedrohliche Situation ergab sich für die Neustadterinnen und Neustadter jedoch nicht. Mit dem Einmarsch der Amerikaner am 21. März 1945 begann die militärische Besatzung Neustadts. Die Deutschen mussten erkennen, dass die Beschreibungen der NS-Propaganda die Amerikaner unzutreffend dargestellt hatten. Sie waren durchaus beeindruckt von deren Ausrüstung, aber auch von ihrem umgänglichen Verhalten. Dies stellte einen Grund dar, weshalb das eigentliche Fraternisierungsverbot von beiden Seiten schnell umgangen wurde. Die Volksgemeinschaft war erst einmal untergegangen.
Literatur
Jürgen Agarius u. a., Luftbildvorauswertung zur Kampfmittelerkundung. Im Altenschemel, Neustadt an der Weinstraße. Hannover 2017, https://neustadt.eu/me-dia/custom/2636_5591_1.PDF?1536225084, Aufruf zuletzt am 07.03.2020. In diesem Werk findet sich eine Luftangriffschronik, die genaue Informationen über Zeitpunkt, Ort und Art der Bombardierung liefert. Sofern vorhanden, ist auch der ausführende Flugzeugtyp aufgeführt.
Julia Kreuzburg, Leben in der „Zusammenbruchgesellschaft“. Das Kriegsende, in: Markus Raasch (Hrsg.), Die Volksgemeinschaft in der Gauhauptstadt. Neustadt an der Weinstraße und der Nationalsozialismus. Münster 2020. Der Aufsatz gibt einen umfassenden Überblick über das Kriegsende in Neustadt an der Weinstraße. Dem Fliegeralarm und den Luftangriffen widmet die Autorin ein eigenes Kapitel. Die Arbeit mit Zeitzeugengesprächen veranschaulicht eindrucksvoll die Wahrnehmung der Neustadterinnen und Neustadter während der Luftangriffe.
Karl-Heinz Rothenberger, Die Hungerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Ernährungs- und Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz 1945–1950. Boppard 1980. Der Autor gibt einen umfassenden Überblick über die Versorgungskrise in Rheinland-Pfalz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.