Martin, Jakob

„Sterbebildchen" Jakob Martins. Foto: Archivs des Bistums Speyer, 19.002.03.0432_­0001.

von Thomas Fandel

Der 1880 in Zeselberg geborene katholische Geistliche wirkte seit 1930 in Königsbach als Pfarrer. Wegen seines Engagements für den politischen Katholizismus wurde das Mitglied der Kreisvorstandschaft der Bayerischen Volkspartei in der Pfalz 1932/33 mehrfach in der „NSZ Rheinfront“ attackiert. Nach dem politischen Umschwung im März 1933 kehrte Martin von einer Besuchsfahrt im Saarland erst nach Bestätigung des SA-Sonderbeauftragten Friedrich Schwitzgebel, dass eine Verhaftung nicht in Frage komme, wieder in seine Pfarrei zurück. Am 23. Juni 1933 wurde er von SA- und SS-Leuten nach einem Sturm auf das Pfarrhaus in „Schutzhaft“ genommen und dabei brutal misshandelt. Seine Haftentlassung erfolgte am 26. Juni 1933. Die Königsbacher Ereignisse, die beim Abschluss des Reichskonkordats sogar vom späteren Papst Pius XII. angesprochen wurden, führten nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ zu einem Prozess wegen „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“. Martin erkannte gemäß den Vorgaben der Bistumsleitung die nationalsozialistische Regierung als weltliche Obrigkeit an, der die Katholiken Gehorsam schuldig seien. Aus seinen teilweise äußerst bissig formulierten Aufzeichnungen, die er insbesondere 1933/34 verfasste und die sich im Pfarrarchiv Königsbach erhalten haben, geht jedoch hervor, dass er den Nationalsozialismus zutiefst ablehnte. Besonders bemerkenswert ist seine Schilderung der Manipulation der Volksabstimmung vom 19. August 1934 durch NS-Anhänger in Königsbach. Der Pfarrer starb 1938, nachdem er bereits in den Jahren zuvor wiederholt durch gesundheitliche Probleme in seiner seelsorglichen Tätigkeit stark beeinträchtigt worden war. Die Pfarrei Neustadt-Heilige Theresia von Avila würdigte den Geistlichen 2019, indem am 24. August der Platz um die Kirche St. Johannes in Königsbach nach Martin benannt wurde.

Quellen

Archiv des Bistums Speyer (ABSp) PfA Königsbach XI-Martin; ABSp BO NA 28/10 Karton 5-Königsbach; ABSp PA Martin, Jakob.

Jakob Martin, Ein Pfarrer als Opfer nationalsozialistischer Gewalt, in: Ortsverwaltung Königsbach (Hrsg.), Königsbach. Beiträge zur Geschichte eines pfälzischen Weindorfes. Neustadt a. d. W. 1994, 234–246. Der von Martin einen Monat nach seiner Verhaftung 1933 verfasste Bericht ist ein Beleg für den NS-Terror in der Pfalz.

Literatur

Thomas Fandel, „Denn im Konzentrationslager ist man bald!“ Die Aufzeichnungen des Königsbacher Pfarrers Jakob Martin im „Dritten Reich“, in: Jahrbuch der Hambach-Gesellschaft 26, 2019 (im Druck). In dem Aufsatz wird das Leben des Geistlichen in den Jahren 1933 bis 1938 im Spannungsfeld von Verfolgung und Anpassung beleuchtet.

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