Waldhaus Edenkoben, HJ-Übungslager

von Barbara Jahn

Etwa neun Kilometer von Neustadt entfernt, war das „Waldhaus Edenkoben“ (heute: Privatklinik „Villa Medica“) am Beginn des Edenkobener Tals gelegen. Als die Landesversicherungsanstalt des Gaus Saarpfalz dort im Juli 1937 ein „Übungslager für Hitlerjungen“ errichtete, konnte das Gebäude bereits auf eine längere Geschichte zurückblicken: Ursprünglich von dem Edenkobener Weinhändler August Kuby in den Jahren 1896/1897 als Kurhotel erbaut, wurde das „Waldhaus“ 1908 von der Landesversicherungsanstalt als Sanatorium gekauft. Während des Ersten Weltkriegs diente es als Lazarett, nach 1918 als Lungenheilstätte. Ab Sommer 1937 beherbergte das „Waldhaus“ dann im Rahmen mehrwöchiger Aufenthalte körperbehinderte und „entwicklungsgehemmte“ Jungen im Alter von 14 bis 18 Jahren. Als eine „besondere Form der vorbeugenden Gesundheitsförderung“ sollte ihnen hier, so hieß es in einem Merkblatt der Landesversicherungsanstalt, in „steter Stählung des Körpers“ die Überzeugung beigebracht werden, dass sie „genau soviel wert sind wie andere, daß sie keineswegs ausgeschlossen zu sein brauchen von der Jugendkameradschaft und daß sie, allerdings nur durch erhöhten Einsatz, mit ihren Mängeln sehr wohl fertig werden können“. Auf diese Weise sollten die Jugendlichen „durch charakterliche Erziehung […] in die Volksgemeinschaft eingegliedert“ und ihre „volle Leistungsfähigkeit erreicht“ werden. Voraussetzung hierfür war jedoch die vermeintliche „Erbgesundheit“ der Jungen. Das HJ-Übungslager „Waldhaus Edenkoben“ gehörte somit zu jenen Maßnahmen, mit denen das NS-Regime darauf abzielte, „erbgesunde“ und „leistungsfähige“ Menschen mit Behinderung in die Volksgemeinschaft zu integrieren und ihr Arbeitspotential nutzbar zu machen.

Quellen

Landesarchiv Speyer H41 439; NSZ Rheinfront. Ausgabe Neustadt a. d. Weinstraße, 1937. 
Ludwig Battenberg, HJ-Übungslager für Körperbehinderte und Entwicklungsgehemmte. Dargestellt am Beispiel des „Waldhauses Edenkoben“ im Gebiet 25 (Saarpfalz), in: Das Junge Deutschland 32, 1938, 155–168.

Literatur

Günther Kopetschny, Edenkoben in alten Ansichten. Zaltbommel 1995. Die den Bildband ergänzenden Texte liefern umfassende Informationen zur Entstehungsgeschichte des „Waldhauses“ und zu seiner Nutzung vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre.

Petra Fuchs, „Körperbehinderte“ zwischen Selbstaufgabe und Emanzipation. Selbsthilfe – Integration – Aussonderung. 2. Aufl. Berlin 2001. Die Monographie beschäftigt sich mit der Geschichte der Selbsthilfeorganisationen Körperbehinderter in den Jahren 1919 bis 1945. Hierbei beleuchtet sie gerade auch den Alltag körperbehinderter Männer und Frauen in der Zeit des „Dritten Reichs“ und geht der Frage nach deren politischer Eigenverantwortung und somit Täter- und Mittäterschaft nach.

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