Renner, Otto

von Paul Warmbrunn

Otto Renner wurde am 6. Juni 1881 in Gaugrehweiler (Donnersbergkreis) als Sohn eines Obermedizinalrats geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in München, Berlin, Würzburg und Erlangen und der großen juristischen Staatsprüfung 1909 schlug er die Richterlaufbahn ein; seit dem 1. November 1924 war er am Amtsgericht Neustadt, zunächst als Amtsgerichtsrat, tätig. Als hochdekorierter und mehrfach verwundeter Weltkriegsteilnehmer, der während der Separatistenzeit mit seiner Ehefrau unter Beschlagnahmung des gesamten Hausrats aus der Pfalz ausgewiesen wurde, hatte Renner die prägenden Hintergrunderfahrungen gesammelt, die ihn wie viele Justizbeamte schon frühzeitig in nationalsozialistisches Fahrwasser geraten ließen. Nach kurzzeitiger Mitgliedschaft in der Deutschen Volkspartei (DVP) 1928 bis 1931 trat er bereits zum 1. September 1932 in die NSDAP ein, deren Fraktion im Bezirkstag Neustadt an der Haardt er zeitweise angehörte. Bald nach der nationalsozialistischen Machtübernahme schloss er sich auch der SS an, in der er als Rechtsberater beim Stab der 10. SS-Standarte und als Unterführer im Stab des SS-Abschnitts XXXIV in Neustadt fungierte. Renner, der im Amtsgericht zum Dienst in SS-Uniform erschienen sein soll, arbeitete auch sonst in der Gliederung aktiv mit, u. a. als Verstärkung der Wachmannschaft des Konzentrationslagers Dachau und als Verfasser von Manuskripten, in denen die nationalsozialistische Blut-und-Boden-Ideologie gerechtfertigt wurde. In der Nachfolge von Julius Müller leitete Renner ab 1. Januar 1939 als Amtsgerichtsdirektor die Behörde in Neustadt. Bei der Neubesetzung wurde ihm der Vorzug vor zwei ranghöheren Mitbewerbern gegeben, weil – so die Argumentation des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken – darauf Wert gelegt werden müsse, dass der künftige Stelleninhaber „auch in guten Beziehungen zu den Parteistellen steht“ und „mit der eigenartigen Bevölkerung des Bezirks des Amtsgerichts Neustadt a. d. Weinstrasse gut vertraut sein sollte“. Von seinem Amtsvorgänger übernahm Renner auch die Leitung der Justizpressestelle, die im März 1935 für den gesamten OLG-Bezirk Zweibrücken am Amtsgericht Neustadt eingerichtet worden war. Als Pressestellenleiter wirkte Renner aber in eher unspektakulärer Weise. Unmittelbar nach dem Einmarsch der Amerikaner wurde Renner festgenommen und vom 25. März 1945 bis zum 16. Mai 1948 in Darmstadt interniert. Im Entnazifizierungsverfahren als „Minderbelasteter“ eingestuft und mit nur geringen Sanktionen belegt, wurde Renner, ohne wieder in den Justizdienst zurückzukehren, zum 1. November 1948 in den Ruhestand versetzt. Er starb 1963 in Neustadt.

Quellen

Personalakten im rheinland-pfälzischen Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz I R71 u. I R 324 (Mikrofilm im Landesarchiv Speyer (LASp) X 5 575); LASp H91 3783, J1 590, 1233, 1236, 1919, R18 3370; Bundesarchiv Berlin R9361 II 550017.

Literatur

Dieter Kinnen, Die Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht, in: Sven Paulsen (Hrsg.), 175 Jahre pfälzisches Oberlandesgericht. 1815 Appellationshof, Oberlandesgericht 1990. Festschrift. Neustadt a. d. W. 1990, 377–381. Artikel in der Festschrift zum 175-jährigen Bestehen des Pfälzischen OLG Zweibrücken, die neben Beiträgen zur gegenwärtigen Arbeit der Behörde zahlreiche Artikel zu ihrer Geschichte seit der Gründung 1815, darunter auch erstmals für die Zeit des Nationalsozialismus, enthält.

Paul Warmbrunn, Personalprofil der Richter und Staatsanwälte in der Pfalz und Rheinhessen im Dritten Reich, in: Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz (Hrsg.), Justiz im Dritten Reich: Justizverwaltung, Rechtsprechung und Strafvollzug auf dem Gebiet des heutigen Landes Rheinland-Pfalz, Bd. 1. Frankfurt a. M. 1995, 81–194, hier 145–146. Übergreifende prosopografische Darstellung zu den „Justizjuristen“ (Richtern und Staatsanwälten) in der Pfalz und Rheinhessen während des „Dritten Reiches“ mit quantifizierenden Auswertungen.

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