Schwitzgebel, Pauline

Pauline Schwitzgebel (Aufnahme ca. 1930). Foto: Bundesarchiv Berlin, BDC NSDAP-Mitgliederkartei.

von Markus Raasch

Pauline Schwitzgebel wurde 1889 in Hütschenhausen als Tochter des Kaufmannes Karl Kurz geboren. Die gelernte Handarbeitslehrerin war seit 1907 im völkischen Wandervogel, schon 1921 und dann wieder nach 1926 in der NSDAP aktiv, seit 1923 bestimmende Figur in den pfälzischen NS-Frauenorganisationen und seit 1920 Ehefrau von Friedrich Schwitzgebel, der u. a. von 1928 bis 1934 den Posten des stellvertretenden Gauleiters in der „Rheinpfalz“ und zwischen 1937 und 1945 den des Oberbürgermeisters der Stadt Saarbrücken innehatte. Sie traf wiederholt Adolf Hitler, wirkte ab 1935 als Kreisrednerin der NS-Frauenschaft Saarbrücken und erhielt 1942 für ihr 21-jähriges Engagement in der NSDAP das Goldene Parteiabzeichen. Schon 1935 hatte sie gegenüber dem Obersten Parteigericht der NSDAP zum Ausdruck gebracht: „Als unser Führer zum ersten Mal seine Ideen kund tat, sprach er meinem Mann & mir aus der Seele. Der Weg, den er uns wies, war für uns die Erfüllung eines tiefsinnigen Sehnens, so daß wir uns ihm auf Gedeih & Verderb bis zum letzten Atemzuge verbunden fühlen mußten.“ 1934/35 war die „älteste Nationalsozialistin der Pfalz“, die schon in 1920er Jahren öffentlich gegen jüdische Ärzte, Staatsanwälte und Richter gewettert hatte, Gauamtsleiterin der NS-Frauenschaft Pfalz bzw. erste Gaufrauenschaftsleiterin des Gaues Rheinpfalz. 1935 musste sie ihr Amt abgeben, „weil sie offensichtlich den Anforderungen nicht genügte“. Das Gaugericht der NSDAP sprach sie der „ungeordneten Kassenführung“ schuldig und verwarnte sie scharf, attestierte ihr aber auch, „sich um die Bewegung der Pfalz in außergewöhnlichem Maße Verdienste“ erworben zu haben. Nach 1945 inszenierte sie sich erfolgreich als aufrechte Christin, die als solche vor das Gaugericht gezerrt worden sei und den Posten der Gaufrauenschaftsleiterin lediglich interimistisch innegehabt habe, weil „der Gauleiter im Innersten seiner Seel [ihr] Feind“ und sie ihm „kirchlich zu stark gebunden“ gewesen sei. Sie wurde als „Minderbelastete“ eingestuft und starb 1963 in Zweibrücken.

Quellen

Pauline Schwitzgebel an das Gaugericht der NSDAP in Neustadt, 08.03.1935, Bundesarchiv Berlin (BArch) R 9361-I-36442.

Gaugericht München-Oberbayern (Julius Dohl) an das Oberste Parteigericht in München, 11.04.1935, BArch R 9361-I-36442.

Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses der Rechtsabteilung der Spruchkammer am 05.07.1949, Landesarchiv Speyer R18 20438.

Beschluss des Gaugerichts Rheinpfalz der NSDAP, 28.03.1935, BArch R 9361-I-36442.

Mein Weg durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, Ausschnitte, Landesarchiv Saarbrücken StkpolS 34.

Literatur

Anette Michel, „Führerinnen“ im Dritten Reich. Die Gaufrauenschaftsleiterinnen der NSDAP, in: Sybille Steinbacher (Hrsg.), Volksgenossinnen. Frauen in der NS-Volksgemeinschaft, 2. Aufl. Göttingen 2017, 115–137. Konzise werden Sozialprofil, Alltag und Verantwortlichkeiten der Gaufrauenschaftsleiterinnen beschrieben.

Markus Raasch, Die Mehrheit der Volksgemeinschaft. Der NS-Staat und die Frauen, die Frauen und der NS-Staat, in: Ders. (Hrsg.), Volksgemeinschaft in der Gauhauptstadt. Neustadt an der Weinstraße und der Nationalsozialismus. Münster 2020. Der Aufsatz beleuchtet am Beispiel Neustadts die Geschlechterpolitik des Nationalsozialismus und die „agency“, die Frauen vor diesem Hintergrund entwickeln konnten. Die Gaufrauenschaftsleiterinnen spielen dabei eine größere Rolle.

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