Saarpfälzische Vermögensverwertungsgesellschaft m. b. H.

von Walter Rummel

Die „Saarpfälzische Vermögensverwertungsgesellschaft m. b. H“ (SVVG) stellte den Typus der sog. Arisierungsgesellschaft dar, wie sie um 1938 auch in anderen Regionen des „Dritten Reiches“ existierte. Es handelte sich dabei um eine Geschäftsform des bürgerlichen Rechts, die zum Zweck der „Arisierung“ den Verkauf insbesondere von jüdischem Firmeneigentum erzwingen sollte. Der pfälzische Gauleiter Josef Bürckel (1895–1944) hat die konkrete Anregung dazu wohl während seiner Tätigkeit in Wien erhalten. Als Gesellschafter fungierten zwei Kaufleute und NSDAP-Mitglieder aus Neustadt, als Geschäftsführer Heinrich Uhl vom Gauwirtschaftsamt und der Ludwigshafener Wirtschaftsprüfer Dr. Fritz Henninger. Der Gesellschaftsvertrag war am 11. November 1938 unterzeichnet worden, also in unmittelbarer Folge des Novemberpogroms. Eine am folgenden Tag im „Pfälzer Anzeiger“ veröffentlichte Mitteilung der Kreisleitung Landau erklärte dazu: „Es ist selbstverständlich, dass wir nun die Judenfrage restlos lösen, und zwar dadurch, dass der gesamte jüdische Besitz in deutsche Hände überführt wird. Die Ueberleitung erfolgt durch die vom Gauwirtschaftsberater gegründete Auffanggesellschaft […].“ Tatsächlich wurden in Landau wie in Neustadt noch während des Pogroms mittels vorgefertigter Formulare Juden genötigt, dem Verkauf ihres Eigentums durch Treuhänder an die SVVG zuzustimmen. Nach außen hin wurde der Zweck der Gesellschaft damit begründet, dass sie durch den lukrativen Weiterverkauf von Immobilien aus jüdischem Besitz die finanziellen Mittel erwirtschaften sollte, um den Vorbesitzer auszuzahlen. Doch faktisch erwirtschaftete die Gesellschaft aus der Differenz zwischen Erwerbs- und Verkaufspreis Gewinne zugunsten der Gauleitung. Zugleich konnte mit dieser Geschäftsform die Weitergabe von Besitz an bevorzugte „Arier“ gesteuert werden. Der geschäftliche Erfolg der Firma hielt sich jedoch in Grenzen, weil im Gau Saarpfalz bereits viele jüdische Geschäfte „arisiert“ waren und das Modell der Arisierungsgesellschaft allgemein aufgrund seiner Anfälligkeit für Korruption in Misskredit geraten war. Als die Gesellschaft am 20. Mai 1940 ihre Liquidation beschloss (die bei Kriegsende noch nicht abgeschlossen war), liefen bereits Ermittlungen der Gestapo Neustadt gegen die Geschäftsführer Uhl und Dr. Henninger wegen Bestechlichkeit. Beide wurden zusammen mit einem Komplizen in „Schutzhaft“ genommen und Ende des Jahres vom Amtsgericht Neustadt zu zehn bzw. acht Monaten Gefängnis verurteilt.

Literatur

Walter Rummel, Arisierung“ in Landau, in: Michael Martin (Hrsg.), Landau und der Nationalsozialismus. Landau 2012, 509–533. Neben der planmäßigen „Arisierung“ kann auch für Landau nachgewiesen werden, dass noch vor Gründung der SVVG hier Juden während des Novemberpogroms zur Übergabe ihres Vermögens gezwungen wurden.

Paul Warmbrunn, Wichtige Dokumente zum Nationalsozialismus in der Pfalz nach 60 Jahren zurückgekehrt, in: Unsere Archive 51, 2006, 39–42. Der Beitrag erläutert den Quellenwert einer überraschenden Rückgabe von sog. Beuteakten durch das Archiv des französischen Außenministeriums im Jahre 2004, womit auch die Quellengrundlage für die Erforschung der „Arisierung“ wesentlich vergrößert wurde.

Frank Bajohr, Parvenüs und Profiteure. Korruption in der NS-Zeit. Frankfurt a. M. 2001. Die vielgelobte Studie weist Korruption als einen Wesenszug sowohl der Diktatur als auch der von ihr ermöglichten sozialen Praxis auf allen Ebenen nach, so auch bei der Verteilung des den Juden geraubten Vermögens.

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